Presse 2006-03-05 IdBiS erstattet Betrugsanzeige gegen Sinntaler Gemeindevorstand

[5.3.2006] IdBiS erstattet Betrugsanzeige gegen Sinntaler Gemeindevorstand

- Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdacht auf Prozeßbetrug und Betrug -

Beim Durchleuchten der Sinntaler Beitragsbescheide aus dem Jahr 2000 deckte die IdBiS bisher einige Fehler auf und zwang die Gemeinde Sinntal so zu Satzungs- und Beitragsatzsänderungen.
Nun scheint die Auseinandersetzung um die überhöhten Abwasserbeiträge eine ganz andere Dimension erreicht zu haben!

Der Gemeindevorstand mußte mit der Änderung der Entwässerungssatzung im Sept. 2005 und der darin enthaltenen Senkung der Beitragssätze zugeben, daß die Beitragssätze für die Kläranlage, die seit Juni 2000 Gültigkeit hatten, wesentlich zu hoch waren.

Die IdBiS hat nun die Gründe hierfür analysiert und ist entsetzt darüber, auf welches Niveau sich der Gemeindevorstand unter dem damaligen Bürgermeister Heberling im Dez. 2003 begeben hat.

Offensichtlich in dem Wissen, daß die für Januar 2004 terminierten Prozesse beim Verwaltungsgericht Frankfurt nicht gut ausgehen würden, hat der Gemeindevorstand im Dezember 2003 alle Beitragssatz-kalkulationen neu rechnen lassen.
Dabei wurde, wie sich jetzt herausgestellt hat, die Kalkulation des Kläranlagenbeitrages durch über-höht angesetzte Bausummen so manipuliert, daß im Ergebnis der Beitragssatz um 1/3 überhöht war.
Mit dieser zweiten Kalkulation hat die Gemeinde dem Gericht die Richtigkeit ihrer zuvor schon eingereichten und von der IdBiS angegriffenen ersten Kalkulation bewiesen und konnte damit doch noch die Prozesse für sich entscheiden.
Die IdBiS vermutet hier die wissentliche Vorlage von manipulierten Dokumenten, die eine prozeßentscheidende Bedeutung hatten. Dies würde den Tatbestand des Prozeßbetruges erfüllen.

Die IdBiS hat schon seit Januar 2004 bis heute immer wieder darauf hingewiesen, daß in dieser Beitragssatzkalkulation Kläranlagenkosten für den Anschluß der Ortsteile Sterbfritz und Weiperz nach Schlüchtern mit fast 10 Mio DM viel zu hoch angesetzt waren, diese hätten max. 2 Mio DM betragen dürfen. Das war auch ersichtlich aus den Kläranlagenkosten für die Ortsteile Sannerz oder Züntersbach, die in beiden Fällen lediglich bei unter 500.000 DM lagen. Ein 20 mal höherer Betrag für den Sterbfritzer Anschluß sei immer für alle sichtbar utopisch hoch gewesen.
Zudem ist die Verwendung dieses Betrages, egal ob 10 Mio oder 1,8 Mio DM, im Dez. 2003 grundsätzlich rechtswidrig, weil zu diesem Zeitpunkt das Sinntaler Gemeindeparlament noch überhaupt keine Entscheidung für eine solche Baumaßnahme getroffen hatte.
Ein solcher Beschluß wurde erst 10 Monate später, im September 2004 rechtsgültig gefaßt.
Die Tatsache der vorzeitigen Abrechnung einer solchen Baumaßnahme führte bereits im Frühjahr 2004 zu einer heftigen Auseinandersetzung im Sinntaler Gemeindeparlament, die jedoch letztlich durch die Vorlage von Rechtsgutachten seitens Bürgermeister Heberling abgewürgt wurde. Jegliche Auskunft in dieser Angelegenheit wurde unter Hinweis auf laufende Gerichtsverfahren strikt abgelehnt.



In den neuen Beitragssatzkalkulationen aus 2005 hat der Gemeindevorstand nun die tatsächlichen Kläranlagenkosten zugeben müssen und diesen überhöhten Ansatz von 10 Mio DM auf 1,8 Mio DM gesenkt. Die verbleibenden ca. 8,7 Mio DM wurden nun in die Kalkulation der Sammelleitungen eingestellt. Denn dieser Sammelleitungsbeitrag steht derzeit in dem verbliebenen Verfahren auf dem Prüfstand des Verwaltungsgerichtshofes in Kassel und dafür mußte dieser nun zum dritten Mal neu gerechnet werden.
Und auch da zählte wohl jeder Betrag, der dazu beitragen konnte, auch in dieser Beitragsart den IdBiS-Vorwürf von überhöhten Beitragssatz zu entkräften.

Allerdings hat der Gemeindevorstand offensichtlich vergessen, daß dieser Betrag bereits 5 Jahre lang einer Vielzahl von Grundstücksbesitzern abverlangt wurde und durch die Einstellung in eine andere Kalkulation demnächst noch einmal von weiteren Grundstücksbesitzern abverlangt werden wird.

Eine doppelte Berechnung ist nicht nur nach dem Hess. Kommunalabgabengesetz verboten, sondern erfüllt auch den Straftatbestand des Betruges nach § 263 StGB.

Diesen künstlich hochgerechneten Beitragssatz für die Kläranlage hat die Gemeinde Sinntal seit dem 20. Juni 2000 bis zum 13. Sept. 2005 von den betroffenen Grundstücksbesitzern abverlangt und auf diese Art und Weise alleine im Aspen- und Hüttenweg in Altengronau etwa 55.000 Euro unrechtmäßig vereinnahmt, in Gesamt-Sinntal könnten dies möglicherweise bis zu 2,5 Mio Euro sein!

Nachdem diese Vorgehensweise einen besonders großen Vermögensverlust bei einer Vielzahl von Betroffenen herbeigeführt hat und zudem die Stellung als Amtsträger mißbraucht wurde, handelt es sich um einen besonders schweren Fall, der mit erheblichen Freiheitsstrafen belegt werden kann.

Die IdBiS hat den Gemeindevorstand im Dez. 2005 über den Sachverhalt informiert und angefragt, ob dieser zur Vermeidung von straf- und zivilrechtlichen Schritten bereit sei, den überhöhten Teil der Beiträge zurückzuzahlen und den seinerzeitigen Klägern die durch die Manipulation den Prozeß verloren hatten, die zu Unrecht entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten zu ersetzen.

Dies hat der Gemeindevorstand im Jan. 2006 ausdrücklich abgelehnt und damit selbst den Beweis erbracht, daß er der Gemeinde Sinntal einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschaffen will.
Die Kläger werden nun ein Wiederaufnahmeverfahren beim Verwaltungsgericht Frankfurt erwirken um die Prozesse unter den geänderten Bedingungen neu aufzurollen und letzendlich doch noch zu gewinnen.

Nachdem auch Landrat Erich Pipa und die Kommunalaufsicht des Main-Kinzig-Kreises, wegen der kommunalen Selbstverwaltung keine Möglichkeit eines Einschreitens gesehen hat, hat die IdBiS nun vor zwei Wochen Strafanzeige gestellt und die gesamten Unterlagen der Staatsanwaltschaft in Hanau übergeben.




Hermann Vornwald
IdBiS
Interessengemeinschaft der Beitragszahler in Sinntal